Diana Rigg ist vielen als Olenna Tyrell in "Game of Thrones" oder als Tracy Bond in "James Bond 007 - Im Geheimdienst Ihrer
Majestät" bekannt. Leider mussten wir im vergangenen Jahr Abschied von ihr nehmen. In "Last Night in Soho" hat sie ihren letzten Auftritt und wer könnte da besser geeignet sein, als Edgar Wright,
um sie in Szene zu setzen. Edgar Wright hat vor allem durch seine "Cornetto Trilogie" viele Fans und spätestens mit "Baby Driver" sollte jedem bekannt sein, dass er ein Meister seines Faches ist.
Mit "Last Night in Soho" nähert er sich nun dem Horrorgenre an und das diesmal mit so gut wie keinem Humor...
"Wenn die Vergangenheit dich reinlässt, kommt die Wahrheit zum Vorschein: Die junge Modedesign-Studentin Eloise ist besessen von allem aus den 60er Jahren. Sie zieht nach London und entwickelt
aufgrund eines mysteriösen sechsten Sinnes eine seltsame Verbindung durch die Zeit zu Sadie, die davon träumt, ein Star zu werden. Je stärker diese Verbindung sich entwickelt, desto mehr scheint
alles auseinanderzufallen - auf höchst surreale Weise..." (Quelle: Verleih)
"Last Night in Soho" ist ein Film, der puren Stress ausstrahlt. Grundsätzlich ist das sogar etwas gutes, ist er somit doch größtenteils spannend und vermittelt ein Angstgefühl, dass man bei den
meisten Horrorfilmen nicht hat. Er ist allerdings kein typischer Horrorfilm. Es ist eigentlich eine Coming-of-Age Geschichte, die ein wenig Humor, eine Liebesgeschichte, Thriller und
Horrorelemente beinhaltet. Ein waschechter Genremix! Die Geschichte ist daher doch relativ komplex und bietet vor allem gegen Ende einige gelungene Twists. Problematisch ist aber die Tatsache,
dass der Film sich eigentlich nur auf seine Hauptfigur ausrichtet. Es gibt ohne zu viel zu verraten auch einen kleinen Krimi innerhalb der Geschichte. Krimis leben davon, dass man mehrere
Verdächtige hat, die es getan haben könnten und man nach und nach jemanden ausschließen kann, um danach doch überrascht zu werden. Hier gibt es aber keine große Auswahl. Man hat somit eigentlich
durchgehend schon einen Verdacht. Die Twists sitzen dann trotzdem, weil man sie nicht unbedingt so erwartet, wie sie im Endeffekt eintreten. Man könnte auch kritisieren, dass Edgar Wright sich
hier bei vielen typischen Klischees und Filmen der genannten Genres bedient. Da er diese aber zu etwas ganz neuem noch nie da gewesenen Mix verpackt, fühlt es sich trotzdem frisch an und stört
nicht wirklich.
Mit Thomasin McKenzie, Anya Taylor-Joy und Matt Smith, hat man drei Hauptdarsteller, die dann auch wenn sie nicht zwingend gerade im Mittelpunkt stehen, eine enorme Präsenz ausstrahlen. Aber das
Highlight ist definitiv Diana Rigg. Sie präsentiert sich hier in Topform und setzt zum Schluss nochmal einmal ein Ausrufezeichen!
Musikalisch hat sich Edgar Wright wieder einen starken Soundtrack zusammengestellt, der sowohl thematisch passt, als auch zum erneut Anhören anregt.
Edgar Wrights größte Stärke ist aber hier einmal mehr seine technische Perfektion. Der Film hat nicht nur tolle Bilder, sondern ist auch so detailreich und mit vielen Anspielungen auf die
Filmindustrie, gespickt. Wie bereits gesagt, er bedient sich bei Filmen aus den 60ern, aber er verneigt sich auch vor diesen und dies durchaus würdevoll. Wenn dann eine Person in den Spiegel
schaut und eine andere zurückschaut, dann ist das schon beeindruckend. Aber wenn dann noch eine Tanzszene gezeigt wird, bei dem sich in einer einzigen Aufnahme, ohne Schnitt!!!, die zwei Damen
bei jeder Drehung abwechseln, wird einem als Zuschauer zwar auch schwindelig, aber man ist grenzenlos begeistert. Das gilt für die gesamte Bildsprache und Inszenierung, die dermaßen kreativ
gestaltet ist, dass die Kinnlatte permanent nach unten hängt. Und man sich fragt, wie ist das möglich??
Fazit: "Last Night in Soho" übernimmt sich bei der Geschichte etwas und hätte etwas mehr Struktur gebraucht. Doch die tollen Darsteller, die wundervolle Musik, Edgar Wrights meisterhafte
Inszenierung und die tolle Diana Rigg, machen den Film trotz dessen zu etwas besonderem und sorgen dafür, dass er sich mit wenigen Abzügen in die makellose Filmografie von Edgar Wright
einreiht.