Daniel Brühl, einer der besten und auch international bekanntesten deutschen Schauspieler, feiert sein Regiedebut. Und trotz seiner großen Bekanntheit in Hollywood
entschied er sich diesen Film auf Deutsch, in Deutschland und mit deutschen Schauspielern zu verfilmen. Davor erstmal Hut ab, werden den Film voraussichtlich dadurch eher nur ein kleines
deutsches Publikum sehen. Doch noch nicht genug des Mutes, wagt er sich an ein Kammerspiel, dass er nebenbei noch selbst schrieb und als Hauptdarsteller begleitete. Hört sich nach einem
Mammutsprojekt an. Ist Daniel Brühl dieser Aufgabe gewachsen?
"Daniel ist ein Filmstar. Er hat Erfolg, Geld und eine traumhafte Wohnung in Berlin. Dort lebt er mit seiner Frau, zwei kleinen Söhnen und dem Kindermädchen. Auch
der Durchbruch in Hollywood scheint nicht mehr fern: Daniel soll in London für einen amerikanischen Superheldenfilm vorsprechen. Auf dem Weg zum Flughafen macht er in seiner Stammkneipe halt.
Dort ist es vormittags ruhig, dort stören keine Fans, dort will er noch einmal seine Rolle lernen. Doch an der Theke sitzt ein fremder Mann: Bruno verwickelt Daniel in einen Small Talk. Er kennt
nicht nur alle Filme des Schauspielers, er kennt sich auch erschreckend gut in Daniels Privatleben aus. Mit jeder Minute dieses seltsamen Gesprächs wächst Daniels Verwunderung. Und seine Angst!"
(Quelle: Camera Zwo)
Wie sich zeigt, hat Daniel Brühl in diesen Film viele seiner eigenen Erfahrungen im Filmbusiness übernommen. Die Ansprache eines Franchises mit seiner
Geheimniskrämerei ist zum Beispiel eine eindeutige Anspielung auf seine Rolle bei Marvel.
Ich hoffe, dass die Ereignisse, die in dem Film passierrn, treffen nicht alle auf ihn zu, aber er übernimmt sogar seinen eigenen Vornamen für die Hauptrolle. Der
Film spielt sich deutlich auf einer Metaebene ab, die von Beginn an unverkennbar ist. Auch seine spanischen Wurzeln nimmt er mit in diesen Film. Noch persönlicher wäre es wohl kaum gegangen, sei
denn er hätte das Szenario statt in einer Kneipe in seinem Tapas Restaurant in Berlin spielen lassen. Aber das wäre zu viel des Guten gewesen und die Szenerie wäre wahrscheinlich nicht so passend
gewesen wie diese heruntergekommene Kneipe.
Wir lernen Daniel hier als netten, bodenständigen Schauspieler kennen, der scheinbar alles im Leben hat, was man sich nur erträumen kann: Nette Kinder, eine Frau,
die er liebt, eine nettes Kindermädchen und einer schöne Wohnung in Berlin. Er ist ein erfolgreicher Schauspieler, verdient genug Geld und ist sehr optimistisch. So beginnt der Film. In der
Kneipe trifft er dann auf den von Peter Kurth gespielten Bruno, der das komplette Gegenteil von ihm ist: Pessimistisch, hat kaum etwas, hat einen schlechtbezahlten Job zu miesen Arbeitszeiten und
wurde von seiner Frau betrogen. Mit der Dauer des Filmes stellt sich dann aber heraus, dass die Beiden nicht so verschieden sind, wie es zu Beginn scheint. Die Sympathie für Bruno steigt, während
sie für Daniel sinkt und am Ende stehen sie auf einer Ebene. Diese Entwicklung im Laufe des Filmes inszeniert Daniel Brühl grandios. Es sind oft nur kleine Details, die aber immer wieder
aufgegriffen werden und am Ende schließt sich dann auch jeder Kreis.
Kammerspiele sind immer etwas konstruiert, so wirkt es schon ein wenig befremdlich, dass Daniel mehrfach die Kneipe verlassen will, um dann doch wieder
zurückzukehren oder die vielen Zufälle, die geschehen. Aber es will auch keiner ein Gespräch mit meinen Kollegen in der Kneipe verfilmt im Kino sehen. Von daher geht das komplett in
Ordnung.
Interessant sind aber auch die vielen gesellschaftlichen Themen, die Daniel Brühl in seinem Drehbuch aufgreift und wie er sie auch metaphorisch einbindet wie
beispielsweise mediale Transparenz oder die gesellschaftliche Schere, die vor allem die beiden Hauptcharaktere verkörpern. Da könnte man jetzt stundenlang analysieren und genau das macht diesen
Film so besonders.
Regisseure, die eigentlich Schauspieler sind, stechen auch immer durch die Inszenierung der Darsteller heraus. Lustigerweise meinte Daniel Brühl in einem Interview,
dass er Peter Kurth keine Anweisungen geben musste, weil er auf Anhieb alles so machte wie er es sich vorstellte und noch besser. Das kann ich gerne so stehen lassen. Aber auch wenn ich Daniel
Brühl schon genug gelobt habe, muss ich hier auch wieder seine schauspielerische Leistung loben. Er ist einer der wenigen Darsteller, die eine total klare und deutliche Aussprache haben und
gleichzeitig viel mit Mimik und Gestik arbeiten, dass man alleine ihm stundenlang dabei zusehen kann.
Jetzt sind die Arbeiten von Daniel Brühl durch, sodass ich auch noch die Musik loben kann. Die meiste Zeit ist sie nicht da beziehungsweise spielt im Hintergrund,
sobald es jedoch hitzig wird, wird auch die Musik schneller und lauter, passt somit auch perfekt ins Gesamtbild.
Man muss aber am Ende auch noch hinzufügen, dass der Film ein Drama mit komödiantischen Einschlag ist. Auch wenn der Trailer es vermuten lässt, gibt es weniger
Lacher als Schläge in die Magengrube.
Fazit: Daniel Brühl gelingt mit "Nebenan" ein grandioser Einstand als Regisseur und Drehbuchautor. Trotz des Kammerspiels ist der Film durchweg unterhaltsam und
spannend zu verfolgen. Schauspielerisch und Inszenatorisch eine Meisterleistung!